Lippenleser

Babys sind Lippenleser

Bis heute ist es für Eltern und Wissenschaftler noch immer ein großes Geheimnis, wie Babys eigentlich sprechen lernen.

Um nun Licht in dieses Dunkel zu bringen, haben Entwicklungspsychologen am Charles E. Schmidt College of Science der Florida Atlantic University in einer zweijährigen Studie mit 180 Babys untersucht, wie dieser Lernprozess aussieht.

Sie haben dazu Testgruppen gebildet in denen die Babys jeweils 4, 6, 8, 10 und 12 Monate alt waren und haben ihnen Videos vorgespielt in denen Frauen zu den Babys sprechen. Dabei wurden die Bewegungen der Augen der Babys durch ein Eye-Tracking verfolgt. Gemessen wurde dabei, wie lange die Augen der Babys auf dem Mund bzw. auf den Augen der gezeigten Frauen verweilen.

Mit etwa neun Monaten werden meistens die Lippen fokussiert und ab dem 12. Monat erfolgt die meiste Konzentration auf die Augen. Bemerkenswert dabei ist, dass sobald das Kleinkind nun ein unbekanntes Wort hört, sofort wieder auf den Mund des Gegenübers geachtet wird.

Mit etwa 12 Monaten entwickeln Babys bzw. Kleininder durch die intensive Beobachtung der Augenpartie ihres Gegenübers weiter. Sie versuchen dadurch zusätzliche Informationen über Stimmung und Umfeld zu bekommen und verbessern somit ihre Fähigkeiten, die gehörte Sprache einzuordnen und auszuwerten.

David J. Lewkowicz
Leiter der Untersuchung an der
Florida Atlantic University

Sobald Säuglinge ihre ersten sprachähnlichen Laute von sich geben, werden sie zu Lippenlesern.

David J. Lewkowicz, Leiter der Untersuchung

Als Ergebnis dieser Untersuchung wurde festgestellt, dass Babys aber dem Zeitpunkt, wenn Sie selber beginnen zu babbeln, sich sehr auf den Mund ihres Gegenübers konzentrieren und genau beobachten, wie er für bestimmte Laute geformt wird.

Anhand des Alters der Babys in den Testgruppen kann man folgende Unterscheidungen treffen: Vier Monate alte Babys fokussieren meist die Augen, sechs Monate alte Babys richten ihre Aufmerksamkeit zu gleichen Teilen auf Augen und Lippen.

Das lernen des Sprechens ist also nicht nur eine Angelegenheit des Hörens, sondern ein Zusammenspiel vieler Sinnesorgane und Verarbeitungswege. David J. Lewkowicz spricht dabei von einem „unheimlich komplexen Prozess„.

Neben den ganzen wissenschaftlichen und hoch technisierten Untersuchungen wird durch die Studie erneut sehr deutlich, wie wichtig der Sichtkontakt zu Babys und Kleinkindern in ihrer sprachlichen Entwicklung ist.

Artikelbild „beautiful faces“ von Tom Merton, lizensiert unter der CC BY 2.0, das Bild wurde an den Rändern beschnitten

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